Kommuniqué 29112009 – 0001
Bern, 29.11.2009 / 12. Dhu l-Hijja 1430
(nb) Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) hat die unerwartet deutliche Annahme des Volksbegehrens mit Bestürzung zur Kenntnis genommen.
Wir sind der Meinung, dass die 57.5% Ja-Stimmen nicht dahingehend zu interpretieren seien, dass eine deutliche Mehrheit der Schweizer willentlich gegen den Islam oder die Muslime votiert hätte. Vielmehr erinnern wir an die zum Teil stark polemischen, oft mit Unwahrheiten angereicherten Argumente der Initiativbefürworter. Eine angeblich „schleichende Islamisierung“, sagenhafte Bestrebungen islamisches Recht einzuführen, Zwangsehen, Ehrenmorde und Mädchenbeschneidungen wurden geschickt zu einer monströs anmutenden Bedrohung, ja zu einem modernen Türkendiskurs zusammengewürfelt. Es dürfte sich um einen klaren „Bauchentscheid“ handeln, bei dem der für unser Land so typische politische Pragmatismus vorübergehend beiseite gelegt wurde.
Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) zeigt sich von der Wirksamkeit dieser an und für sich unhaltbaren Argumenten überrascht. Er unterstreicht die Notwendigkeit einer selbstkritischen Analyse des Resultates gefolgt von offensiver Öffentlichkeitsarbeit.
Das Verbot von Minarettbauten an sich stellt aus islamisch-theologischer Perspektive keine Einschränkung der Religionsfreiheit dar. Minarette entstanden im Zuge der Kulturgeschichte, sind also keine auf die Urgemeinde zurückzuführenden Elemente des Islams. Gleiches gilt freilich für Kirchtürme.
Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) beurteilt den neuen Verfassungszusatz jedoch als diskriminierend und versteht ihn als Widerspruch zur Rechtsgleichheit in der BV. Art. 8, insb. Abs. 1 und 2. Ausserdem löst das Bauverbot von Minaretten kein einziges der in der Diskussion konstruierten Probleme. Wir rufen nun alle Beteiligten auf, sich von einer weiteren Polemisierung zu distanzieren und ernsthaft eine Versachlichung der Debatte rund um den Islam und die Muslime anzustreben.