Der Islamische Zentralrat Schweiz nimmt die Lancierung der Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» mit Bedenken zur Kenntnis und kündigt Gegenmassnahmen an.
Kommuniqué 30092015-0118
Dies ist bereits der zweite Vorstoss für ein Gesetz in der Bundesverfassung, dass sich explizit gegen die muslimische Minderheit in der Schweiz wendet. Diese neue Initiative beinhaltet im Vergleich zum Minarettverbot jedoch einen massiven Eingriff in die Kultusfreiheit der Muslime. Denn nicht wie beim Minarett, das eher einem architektonischen Kennzeichen für eine Moschee als einer normativen Kultushandlung gleichkommt, handelt es sich bei der Gesichtsverschleierung der muslimischen Frau um eine islamisch gesehen normative Option, welche in allen islamischen Rechtsschulen verankert und damit ein fester Bestandteil des islamischen Kultus ist.
Ist der Initiativtext angelehnt an das Verschleierungsverbot in Frankreich allgemein formuliert, zielt er doch direkt auf den islamischen Gesichtsschleier ab. Ein Verhüllungsverbot hätte zur Konsequenz, dass Frauen ihr Recht auf Selbstbestimmung und auf freie Ausübung ihrer Religion genommen würde. Sie würden komplett aus der Gesellschaft ausgegrenzt werden. Das Tragen eines Gesichtsschleiers mit religiöser Absicht würde kriminalisiert. Ein dermassen einschneidender Eingriff in die Grundrechte steht in diametralem Widerspruch mit dem Geist der Bundeverfassung, die als Garant für die Wahrung gleicher Rechte für alle Bürgerinnen und Bürger steht. Zudem erweist sich ein entsprechender Gesetzestext in der Verfassung bei weniger als 300 Niqabträgerinnen in der Schweiz genau wie auch beim Minarett als völlig unverhältnismässig und lässt die Schweizer Bundesverfassung zunehmend zu einem Ablegeörtchen für Ramschtexte intoleranter Geister verkommen.
Das Argument der Sicherheit ist unglaubwürdig. So sind Vermummungen bei Demonstrationen bereits kantonal geregelt. Zudem ist in der Schweiz keine einzige Straftat mit einem Niqab bekannt, mit Skimaske jedoch unzählige. Trotzdem wurde in all den Jahren ein Verbot dieser nie thematisiert. Es ist denn auch nicht das Verbot einer Gesichtsverschleierung, die einen Kriminellen davon abhalten wird, eine strafrechtliche Handlung zu begehen. Ein entsprechender Gesetzestext wäre absolut wirkungslos.
Aktionen geplant
Der Islamische Zentralrat setzt sich dafür ein, dass die Kultusfreiheit gewahrt bleibt. Er wird mit geeigneten Mittel gegen diese Initiative vorgehen.
Zudem sieht er die Politik und den Bund in der Pflicht Minderheiten vor Auswüchsen populistischer Scharfmacher zu schützen. Jeder weitere politische oder juristische Vorstoss in Richtung Diskriminierung der Muslime ist inakzeptabel. Sollte sich dieser Trend einer «Islamophobisierung der Schweiz» von der Gesellschaft weiter fortsetzen, besteht die reelle Gefahr, dass durch die angeregte Polarisierung der soziale Frieden im Land gefährdet wird.