Bern, 15.06.2011

Sereina_Venzin_OMPBereits zum zweiten Mal durfte die Bündner Journalistin Sereina Venzin am vergangenen Dienstagabend den Ostschweizer Medienpreis in Empfang nehmen. Ausgezeichnet wurde die Serie «Zmitzt dinna – Moderatorin im Niqab» über muslimische Frauen, die sich verschleiern. Der Islamische Zentralrat begrüsste das Selbstexperiment, weil es mustergültig enthüllte, welchen Anfeindungen Muslimas auf Schweizer Strassen heute ausgesetzt sind.

Von Hajji Oscar A.M. Bergamin

In einem Selbstexperiment wagt sich Sereina Venzin in einem traditionellen islamischen Schleier (Niqab) auf die Strasse, erledigt Einkäufe und Behördengänge. Ein simples Stück Stoff macht aus einer Einheimischen eine Aussätzige. Die versteckte Kamera hält fest, wie der schwarze Niqab für viele zum roten Tuch wird. Der Journalistin schlagen Anfeindungen und Unverständnis entgegen. Die Verhüllung enthüllt die Stimmung in der Bevölkerung. Mit ihrer Reportage zeigte Sereina Venzin ein Stück weit, wie Muslime den Alltag in der Schweiz erleben. In der Serie kommen auch verschiedene muslimische Frauen – darunter auch IZRS-Vorstandsmitglied Nora Illi – zu Wort, welche ihr Verhältnis zur  traditionell islamischen Kleidungsform kundtun. Der Jury des Ostschweizer Medienpreises, dem die Fernsehspezialisten Kurt Felix, Anton Schaller und andere angehören, meinte: «Sereina Venzin hat sich verschleiert – und hat somit am eigenen Leib erfahren, wie sich eine traditionelle Muslima fühlen muss, wenn sie in Chur oder Landquart unterwegs ist. Die junge Reporterin von Tele Südostschweiz traf auf Anfeindungen und Unverständnis, sie wurde gegrüsst, misstrauisch begutachtet und gar als Teufel beschimpft. Das hat sie für ihre Sendung ‚Zmitzt dinna‘ getan».

Der IZRS lobt Sereina Venzin für ihre faire, ausgewogene journalistischen Leistungen. Mit Phantasie geht sie an die Themenwahl. Sie setzt in der Produktion alle Mittel ein, die ihr zur Verfügung stehen. Kombiniert die Reportage mit Elementen aus dem Studio, setzt die versteckte Kamera ein, wenn sie auf Recherchen geht, arbeitet mit der subjektiven Optik, wenn sie sich in der Öffentlichkeit bewegt und kann so Aussergewöhnliches produzieren.

Sereina Venzin legt sich einen Niqab an, geht nach draussen, auf die Strasse, will sehen, will zeigen, wie die Menschen reagieren, wenn sich eine völlig verschleierte Frau in der Öffentlichkeit bewegt. Sie zeigt, wie die Gemeindeangestellte reagiert, wenn sie so vor ihr steht, wie der Kondukteur im Zug reagiert, der sie eigentlich an Hand des Halbtax-Abos identifizieren sollte. Sie lädt vier islamische Frauen ins Studio ein, sie lässt sie erklären, was islamische Frauen bewegt und wie sie zum Niqab stehen. Sie vertieft, zeigt uns Stellen im Koran, wo Hinweise auf die Verschleierung zu finden sind. Sie nimmt uns gleichsam mit auf ihre Erfahrungsreise. Sie merkt auch, dass sich eine Frau im Niqab anders bewegen muss. Sie geht nicht, sie schreitet, sie kommt nicht mit lauten Schuhen daher, sie gleitet gleichsam.

Laut Medienmitteilung von Tele Südostschweiz sagt Venzin: «Es war mir ein Anliegen, über muslimische Frauen zu berichten und sie auch zu Wort kommen zu lassen». Es sei nicht ganz einfach gewesen, mit den Frauen ins Gespräch zu kommen und sie zum Sprechen zu bewegen, sagt die Moderatorin. Für diese Sendung habe sie viel recherchiert über den Islam. Das gefällt ihr an ihrer Arbeit, sich vielseitig orientieren und immer mit neuen Menschen in Kontakt kommen. Für ihre Diplomarbeit am Institut für Medien und Kommunikation (IMK) in Chur – eine Reportage aus dem Bündner Gefängnis – wurde sie schon einmal mit dem Ostschweizer Medienpreis ausgezeichnet. In der Sendung «Zmitzt dinna» kann sie immer wieder brisante Themen aufgreifen und bearbeiten. So hat sie auch schon einmal eine ganze Woche in einem Asylheim mit den Bewohnern zusammen verbracht oder während des World Economic Forums ein Fünfsternhotel in Davos von Keller bis Küche präsentiert.

Tele Südostschweiz strahlt die komplette Serie am Sonntag, 19. Juni ab 18.00h aus.

https://www.telesuedostschweiz.ch/

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