Bern, 16.11.2010
(qi) Im vergangenen August erliess der St. Galler Erziehungsdirektor, Stefan Kölliker (SVP), ein Zirkular-Schreiben mit der Empfehlung an die Gemeinden, das Tragen des islamischen Hijabs in den Schulen auf Ebene der Schulordnungen zu untersagen. Zu diesem Schritt fühlte sich der SVP-Mann berufen, weil es zuvor in den Gemeinden Heerbrugg und Bad Ragaz zu Hijab-Verboten kam, die jedoch in beiden Fällen von den Betroffenen nicht akzeptiert wurden. Die Familie Di Domenico sah sich letztendlich veranlasst, den Kanton St. Gallen zu verlassen. Nicht so die Familie Catic aus Bad Ragaz. Mit Hilfe des Islamischen Zentralrates Schweiz (IZRS) konnte sich die 15-jährige Enisa letzten September im Rekursverfahren durchsetzen. Die Regionale Sarganser Schulaufsicht (RSA) hob nach einer Anhörung das vom Rad Ragazer Schulrat ausgesprochene Verbot auf. Sie bestätigte den Einwand des IZRS, wonach ein Hijab-Verbot verfassungswidrig sei. Der Hijab gilt im islamischen Recht nicht lediglich als Symbol, wie etwa der Halbmond, der Davidstern oder das Kreuz, sondern als integraler Bestandteil des Kultus. Daraufhin verzichtete der Schulrat auf eine Einsprache.
Der Fall hatte schweizweit Signalwirkung. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) sprach sich klar gegen Hijab-Verbote an den Schulen aus. Diverse Kantonalparlamente haben in der Folge mit deutlicher Mehrheit (Fribourg und Tessin) gegen solche Kleiderordnungen votiert.
Obwohl es nach dem klaren Referenzurteil der Regionalen Sarganser Schulaufsicht allen Schulräten im Kanton St. Gallen klar sein sollte, dass Hijab-Verbote wohl schwer mit den verfassungsmässigen Grundrechten vereinbar sind, zeigte sich Erziehungsrat Stefan Kölliker unversöhnlich. Er habe nicht im Sinn, seine Empfehlung zurückzuziehen, liess er Ende September verlegen ausrichten.
Hisham Maizar schaltet sich ein
Diese Haltung bekräftigte er nun auch gegenüber Hisham Maizar. Maizar, der Gründer und Machthaber in Personalunion über DIGO und FIDS, ersuchte in diesem Fall im Namen des DIGO vergangene Woche um ein Gespräch bei Kölliker. Dieser erteilte Maizar jedoch eine Absage und beharrt weiterhin auf seinem Standpunkt.
Maizar «bedauere» diese Haltung, da sie seiner Meinung nach «unverhältnismässig» sei. Schliesslich handle es sich nur um den einen «Problemfall mit einer jungen Muslima» im Kanton, die das Kopftuch tragen wolle.
Die Argumentation ist nicht ganz stringent und zudem heikel. Man fragt sich, ob Herr Maizar bei zunehmenden «Problemfälllen» mit Hijabs ein weiterhin gegen die verfassungsmässig garantierten Grundrechte erlassenes Verbot dann als «verhältnismässig» beurteilen würde.
Quelle: 20 Minuten, Muslime blitzen bei Erziehungrat ab, 16.11.2010.