NZZ – Der Plan des Bundes für ein vermehrtes Engagement bei der Ausbildung von muslimischen Geistlichen nimmt klare Konturen an. In einigen Wochen wird eine Arbeitsgruppe über ein entsprechendes Konzept der Universität Freiburg befinden.
Davide Scruzzi
Die Ausbildung von islamischen Geistlichen und Religionslehrern soll auch in der Schweiz eine vom Staat getragene Basis erhalten. Dieses von parlamentarischen Vorstössen angeregte Vorgehen ist nun konkretisiert worden. An der Universität Freiburg wird ein Zentrum für islamische Religion und Gesellschaft entstehen, wie der dortige Rektor Guido Vergauwen bestätigt. Die unter der Führung des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) stehendeArbeitsgruppe wird unter dem Vorsitz des Basler Uni-Rektors Antonio Loprieno im Dezember das Grundlagenkonzept dazu beschliessen. Während die Finanzierung des Starts durch Bund und Kanton gesichert scheint, ist die langfristige Trägerschaft des Zentrums noch offen. Seitens des SBFI betont man, dass die Gespräche mit der Universität Freiburg noch am Anfang stehen.
Auf Kompetenzen aufbauen
Die Grundausbildung sollen die Imame weiterhin im Ausland geniessen. Eine Zusammenarbeit mit Hochschulen im arabischen Raum dazu wird nicht ausgeschlossen. Man plane keineswegs den Aufbau einer eigentlichen islamischen Fakultät, so Vergauwen. Im Zentrum des Angebots soll vorerst eine Weiterbildung für Imame stehen, die in muslimischen Gemeinden in der Schweiz arbeiten. Islamische Theologie soll dabei nur eines von mehreren Fachgebieten sein. Das Schwergewicht liege auf Fragen, die für den interkulturellen Dialog wichtig seien. Entsprechend gehörten sowohl Kenntnisse des Schweizer Rechts wie auch der christlichen Theologie zum neuen Fächerkanon.
Die Universität Freiburg sieht sich mit ihrer traditionsreichen theologischen Fakultät als eine prädestinierte Institution für solche interdisziplinären, mehrjährigen Ausbildungsgänge. Bereits im Frühling war die Hochschule an der Sprachgrenze als möglicher Ort für islamische Bildungsangebote im Gespräch. Die Kurse sollen, so der Plan, auf Französisch, Deutsch und Italienisch durchgeführt werden.
Die Universitätsleitung will im Einvernehmen mit der Arbeitsgruppe nun einen Koordinator für das Zentrum bestimmen. Dieses soll aus einer Professur bestehen und dann gezielt mit weiteren Dozenten aus Freiburg oder anderen Orten themenspezifisch ergänzt werden. Die Auswahl der Lehrenden soll in Zusammenarbeit mit islamischen Organisationen erfolgen. Grundsätzlich werde die Kooperation mit anderen Hochschulen angestrebt, so Vergauwen. Im Frühling sollen sich die genauen Modalitäten der Studiengänge klären. In der vom Bund eingesetzten Arbeitsgruppe seien keine muslimischen Organisationen vertreten, wohl jedoch Personen muslimischen Glaubens, die mit ihren Stellungnahmen zu einer erfolgreichen Ausrichtung beitragen sollen, erklärt Silvia Studinger, Leiterin der Abteilung Universitäten beim SBFI.
Von Muslimen gewünscht
Gemäss einer Studie der Universität Zürich hält eine Mehrheit der Muslime eine Ausbildung von islamischen Religionslehrern und Imamen in der Schweiz für wünschenswert. Angestrebt wird von den Gläubigen, so die Studie, weiterhin eine authentische Religiosität, die es aber den Einzelnen erlauben soll, die Herausforderungen des Alltags in der Schweiz zu meistern – daher der Wunsch, dass die Geistlichen gute Kenntnisse der hiesigen Lebenswelten, Gesetze und Politik mitbrächten.
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