Bern, 09.09.2011
(qi) Ulrich Schlüer (SVP) und Walter Wobmann (SVP) drohten dem National- und Ständerat gestern im Rahmen einer Pressekonferenz mit einer neuen Volksinitiative, sollten sie die Aargauer Standesinitiative zur Einführung eines schweizweiten Niqab-Verbots nicht durchwinken.
Der Ständerat votierte bereits am 9. März mit 24 zu 4 Stimmen deutlich gegen ein «nationales Verhüllungsverbot». Das Geschäft wurde mittlerweile auch von der nationalrätlichen Kommission zur Ablehnung empfohlen, allerdings weit weniger deutlich als noch im Ständerat. Die Kommission beantragt mit 12 zu 10 Stimmen, dem Ständerat zuzustimmen und der Standesinitiative keine Folge zu geben. Eine Kommissionsminderheit (Geissbühler, Egger, Fehr Hans, Joder, Perrin, Rutschmann, Schibli, Schlüer, Schmidt Roberto, Streiff) beantragt, der Initiative Folge zu geben.
Niqab-Verbot ist unverhältnismässig und schadet dem Tourismus
Die Kommission erachtet die Einführung eines nationalen Verhüllungsverbots im öffentlichen Raum für unverhältnismässig. Die Verhüllung aus religiösen Gründen stelle im täglichen Leben kein wirkliches Problem dar, weil sie von Musliminnen in der Schweiz kaum praktiziert werde. Bei Kontakten mit den Behörden sei es selbstverständlich, dass sich die betreffenden Frauen ausweisen und ihr Gesicht enthüllen. Ein Verbot des Niqab oder der Burka hätte zur Folge, dass sich die wenigen Trägerinnen vermehrt in ihre Privatsphäre zurückziehen und dadurch ihre gesellschaftliche Integration zusätzlich erschwert werde. Zudem hätte ein Verhüllungsverbot eine negative Signalwirkung gegenüber Touristinnen und Touristen aus islamischen Ländern, die von einem Besuch der Schweiz abgehalten werden könnten.
Niqab-Verbot gar nicht durchsetzbar?
Auch hinsichtlich der Vermummung von Demonstranten sei ein nationales Verbot problematisch, weil es in die Polizeihoheit der Kantone eingreife.
Das Geschäft ist allerdings in der kommenden Herbstsession noch nicht traktandiert, wie die Bundeskanzlei auf Anfrage bestätigt. Es komme frühestens in der Wintersession zur Debatte.
Quellen: Aare 24, Islamisierung: Nationalrat Walter Wobmann erwägt neue Volksinitiative, 08.09.2011 / Parlament.ch, Bericht der Staatspolitischen Kommission vom 19. August 2011.