Ende April diskutierten Muslime zusammen mit Regierungsvertretern und Strafrechtsexperten unter der Schirmherrschaft der OSZE in Wien über Möglichkeiten zur Prävention und Bekämpfung von Hate Crimes gegen Muslime in Europa. Der IZRS-Delegierte fasst zusammen.
Von Fatih K. | @lazFatih61 folgen |
Enhancing Community-Law Enforcement Relations in Combating Hate Crimes against Muslims
Frieden und Sicherheit ist weit mehr als die Abwesenheit von Krieg und Konflikten. Sicherheit für Menschen, Gemeinschaften und Staaten entsteht durch Zusammenarbeit. Sicherheit beginnt zu Hause, wo Frauen und Männer, Familien, Jung und Alt, frei von Gewalt die Möglichkeit haben, ihrer Meinung und Überzeugung Ausdruck zu verleihen und gemeinsam ihrer Stimme Gehör verschaffen. Fähig sich ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, nachhaltig zu leben und ihren Teil zu einer stabilen Gesellschaft beizutragen.
Sicherheit beginnt in unseren lokalen Gemeinschaften, Gemeinschaften mit den gleichen Chancen und Rechten, wo Vertrauen in Behörden und insbesondere die Polizei herrscht, welche für und mit den Menschen arbeitet.
Sicherheit beginnt in unseren Städten, wo das Recht aufrecht erhalten wird, gleichermassen für jedermann und wo der Gerechtigkeit genüge getan wird, wo Rechte des anderen geachtet werden, wo Fragen gestellt werden können, ohne Angst haben zu müssen, dafür bestraft oder benachteiligt zu werden.
Sicherheit beginnt in und zwischen den Staaten. Mit sicheren Grenzen, welche Reisen und das Handeln fördern während kriminelle Machenschaften gestoppt werden. Wo die Verbreitung von Waffen kontrolliert wird und die natürlichen Ressourcen geteilt und für die Zukunft bewahrt werden. Konflikte werden friedlich durch den Dialog gelöst, um die Gefahr von Kriegen zu verringern.
Sicherheit beginnt mit Menschen, Gemeinschaften und Staaten, welche zusammen für alle an einer friedlichen und blühenden Zukunft arbeiten.
In diesem Sinne lud die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am 28. April 2014 Regierungs- und NGO-Vertreter aus über 28 Staaten in die kaiserliche Hofburg nach Wien ein. Intoleranz und Diskriminierung gegenüber Muslimen ist nichts Neues, in den letzten Jahren liess sich jedoch ein starker Anstieg dieses Phänomens beobachten. Muslime werden beleidigt, Ziele von Hass- und Hetztiraden, Opfer von Gewaltattacken aber auch des sog. religiösen Profilings. Das ODIHR arbeitet mit OSZE-Mitgliedstaten an der Entwicklung von Strategien zur Bekämpfung von Feindseligkeiten und Vorurteilen gegenüber Muslimen und bietet Unterstützung für NGOs, welche sich in der Bekämpfung von Hate Crimes gegen Muslime einsetzen.
Spricht die OSZE von sog. Hate Crimes gegen Muslime, meint sie kriminelle Handlungen, deren Motive einen Zusammenhang mit Vorurteilen gegenüber Muslimen aufweisen. Hate Crimes bestehen somit aus zwei Elementen; einer strafbaren Handlung und einem vorgelagerten Repertoire von Vorurteilen gegenüber dem Opfer. Folglich sucht sich der Straftäter bei Hate Crimes seine Opfer entsprechend der (vermeintlichen) Zugehörigkeit zu einer Gruppierung/Religion/Rasse. Solche Hate Crimes treten auch in Staaten auf, wo es keine Hate Crime Gesetze gibt, denn der Terminus beschreibt an sich ein (reelles) Phänomen und nicht ein Rechtskonzept. Dies führt auch zum ungleichartigen Umgang in den Gesetzgebungen der OSZE-Mitgliedstaaten. Die Auswirkungen solcher Hate Crimes gehen im Gegensatz zu Straftaten, welche nicht von Vorurteilen ausgehen, weitaus weiter. Dies ist ein Hauptgrund dafür, dass Hate Crimes gesondert behandelt werden müssen.
Die Vertreter aus über 28 Staaten berichteten am 28. April in Wien über ihre Erfahrungen mit Hate Crimes gegen Muslime. Während der Diskussion zeichnete sich ein klarer Trend ab: In Bezug auf Hate Crimes gegen Muslime fehlt es an Hate Crime Gesetzgebungen. Was nicht gesondert kriminalisiert ist, findet in statistischen Erhebungen keine gesonderte Beachtung. An dieser Stelle liegt es insbesondere an den NGOs, die Verantwortung wahrzunehmen und Hate Crime Reporting vorzunehmen. Die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens könnte insbesondere folgende Vorteile mit sich bringen:
• Eine Gesetzesgrundlage ist eine symbolische Anerkennung der Problematik, womit potentiellen Opfern, Straftäter und der Gesellschaft gezeigt wird, dass die Problematik erkannt wurde und ernst genommen wird.
• Der Gesetzgebungsprozess regt die Diskussion zur Thematik an, womit das öffentliche Bewusstsein in der Thematik sensibilisiert wird. Strafverfolgungsbehörden haben somit erst die Möglichkeit, Hate Crime spezifische Motive während den Ermittlungen zu erfassen.
• Die Erfassung von Hate Crime Daten zur Erstellung von Statistiken
Weiter wurde kritisiert, dass Opfer von Hate Crimes oft nicht genau Bescheid wissen, wie sie sich rechtlich zur Wehr setzen sollen oder aufgrund mangelnden Vertrauens in die Behörden gar nicht erst Anzeige erstatten. Es liegt auch hier insbesondere an den (muslimischen) NGOs in diesem Bereich Aufklärungsarbeit zu leisten, um potentielle Opfer zu sensibilisieren. Opfer von Hate Crimes sollen sich ihrer Situation bewusst werden und nicht davor zurückschrecken, Anzeige zu erstatten.