Heute veröffentlichte der Schweizer Nachrichtendienst «NDB» seinen jährlichen Bericht zur Sicherheitslage der Schweiz. Neben Russland, der NSA und Spionage machen dem NDB auch Al-Qaida und seine Verbündeten Sorgen. Erstmals sieht der NDB auch in der gesellschaftlichen lslamophobie eine mögliche Gefahr für Schweizer Interessen.
(qi) Demnach könne jegliche politische Aussage oder jeder Entscheid, der die «muslimische Gesellschaft in der Schweiz objektiv oder subjektiv beeinträchtigt», als Feindseligkeit der Schweiz gegenüber Muslimen interpretiert werden und «Reaktionen oder sogar Gewalttaten in der Schweiz oder gegen Schweizer Interessen im Ausland auslösen».
Drohendes Niqab-Verbot als möglicher Auslöser von Gewalt
Aktuell sieht der Nachrichtendienst des Bundes die SVP-Verbotsgelüste gegen den Gesichtsschleier als besonders heikel. Die sich ergebende Situation nach einem allfälligen Verhüllungsverbot könne mit jener nach der Annahme der Initiative gegen den Bau von Minaretten durch das Schweizer Volk in November 2009 verglichen werden. Zwar seien damals trotz geäusserter Befürchtungen die Schweiz und ihre Interessen im Ausland mit keinem terroristischen Ereignis konfrontiert worden. Im Gegensatz zum Minarett, das kein wesentlicher Bestandteil der Ausübung des muslimischen Glaubens sei, «sind die Burka und der Nikab aber heiklere Themen, da sie nach Ansicht von Islamisten und Salafisten ein wesentliches Glaubensmerkmal darstellen.»
Die Wirkungskraft «solcher Symbole» dürfe nicht unterschätzt werden, wie auch der Streit um die dänischen Muhammed-Karikaturen gezeigt habe. Der NDB verfolge im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags «die andauernde Diskussion über Islamfeindlichkeit», die sich auch im Internet abspiele.
Islamophobie gefährdet inneren Frieden
Der Islamische Zentralrat betonte im Einklang mit der OSZE in der Vergangenheit wiederholt, dass er die zunehmende Islamophobie in der Schweiz als nicht zu unterschätzende Gefahr für den gesellschaftlichen Frieden einschätzt. Wird Muslimen einzig aufgrund ihrer religiösen Praxis der Zugang zu Arbeitsstellen, Wohnungen oder gar zum Militär verwehrt oder erschwert, so schränkt man die nötige gesellschaftliche Interaktion ein, was der Ausbreitung von Vorurteilen Tür und Tor öffnet. Sondergesetze wie das Minarett-Verbot in der Bundesverfassung oder das (derzeit nicht umgesetzte) Niqab-Verbot im Kanton Tessin zielen offenkundig auf Diskriminierung der Muslime. Setzt sich der Trend fort, ist mit einer weitreichenden Polarisierung der Gesellschaft zu rechen.
Quelle: NDB Lagebericht 2014.