Genf, 10.3.2010
(qi) Wie heute Abend bekannt wurde, zirkuliert zurzeit ein Entwurf in Genf, der die Verurteilung der Schweiz für das Minarett-Verbot vor dem UN-Menschenrechtsrat anstrebt. Gemäss einem Bericht der SDA liegt der französischen Nachrichtenagentur AFP eine Kopie des Papiers vor. Demnach heisst es darin, dass das Verbot «Ausdruck der Islamophobie» in der Schweiz sei, sowie gegen «internationale Verpflichtungen im Bereich der Menschenrechte und Religionsfreiheit» verstosse. Zudem nähre der Verfassungsartikel «Diskriminierung, Extremismus und Vorurteile, die zu Polarisierungen und Spaltungen mit gefährlichen Folgen führen» könnten.
Der Rat soll bis Ende der Sitzungsperiode am 26.3.2010 über den Entwurf abstimmen. Das EDA hat bereits verlauten lassen, dass es seinen Unmut über eine mögliche Verurteilung zum Ausdruck bringen würde.
Umstrittenes UNO-Gremium
Der Menschenrechtsrat steht seit seiner Reform unter Dauerbeschuss. Kritiker werfen ihm Zynismus und Unglaubwürdigkeit vor, seit auch Staaten wie China, Russland, Ägypten oder Kirgisistan, die weiterhin für ihre Folterpraktiken bekannt sind, darin Einsitz genommen haben. Ausserdem, so heisst es, würde das Gremium immer wieder für politische Manöver missbraucht.
Dennoch wäre eine Verurteilung der Schweiz nicht folgenlos. Nachdem das Ansehen des einst mustergültigen Vorzeigestaates in Sachen Menschenrechte und Toleranz bereits mit der Abstimmung gegen das Minarett einen herben Dämpfer erfahren hatte, würde das Land im Nachgang an eine Verurteilung kaum mehr mit gleicher Autorität ebendiese Grundrechte gegenüber anderen Systemen einfordern können.
Quelle: NZZ, Diplomaten rüsten gegen Minarettverbot, 10.3.2010.