Der SVP-Nationalrat Andreas Glarner sorgt mit einem Tweet für Empörung: Islamfeindliche Pauschalisierungen könnten ihm nun ein Strafverfahren wegen Rassendiskriminierung einbringen. Ein Fall, der Fragen nach Meinungsfreiheit und politischer Verantwortung aufwirft.
Von Abdel Azziz Qaasim Illi
Der Schweizer Nationalrat Andreas Glarner (SVP) sieht sich mit einer möglichen Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität konfrontiert. Grund hierfür ist ein umstrittener Tweet vom 3. Juni 2024, der potenziell gegen Artikel 261bis StGB (Rassendiskriminierung) verstossen könnte. Die Immunitätskommission des Nationalrats hat bereits mit einer knappen Mehrheit von 5 zu 4 für die Aufhebung der Immunität gestimmt, wobei die vier Gegenstimmen aus seiner eigenen Partei stammen. Nun liegt die Entscheidung bei der Rechtskommission des Ständerats. Sollte auch sie grünes Licht geben, könnte die Berner Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren einleiten.
Glarners umstrittener Tweet: Eine Grenze überschritten?
In seinem Beitrag auf der Plattform X schrieb Glarner:
Dieser Tweet hat sowohl in politischen Kreisen als auch in der Öffentlichkeit Empörung ausgelöst. Kritiker werfen Glarner vor, den Islam und seine Anhänger pauschal mit Gewalt und Terrorismus gleichzusetzen. Der Islamische Zentralrat (IZR) sieht dies ebenfalls kritisch und bewertet die Aussage als verallgemeinernd und irreführend.
Der IZR betont, dass er in diesem Fall keine Strafanzeige erstattet hat. Es steht jedoch ausser Frage, dass Glarners Tweet legitime, von der Verfassung geschützte Praktiken wie das Tragen des Kopftuchs oder den Gebetsruf mit Gewalt und Terrorismus gleichsetzt. Dies ist nicht nur faktisch falsch, sondern auch eine gefährliche Verzerrung der Realität.
Nach über zwei Jahrzehnten öffentlicher Debatten über den Islam und mehreren anti-islamischen Volksinitiativen – die massgeblich aus Kreisen der SVP unterstützt wurden – hätte man erwarten können, dass solche simplifizierenden und schädlichen Stereotype überwunden sind. Stattdessen scheint der streitbare SVP Nationalrat weiterhin in eine Richtung zu gehen, die Vorurteile und Islamfeindlichkeit befeuert.
Richtet den Straftäter, nicht seine Religion!
Der IZR erkennt die Herausforderungen an, die durch schlecht integrierte Migranten insbes. in Deutschland in den letzten Jahren entstanden sind, betont jedoch, dass diese Probleme nicht dem Islam angelastet werden können. Die Verantwortung dafür liegt bei den politischen Entscheidungsträgern, die hohe Migrationszahlen zugelassen haben, ohne adäquate Strukturen für die Integration zu schaffen. Den Islam und seine Praktiken pauschal für diese Herausforderungen verantwortlich zu machen, ist nicht nur sachlich falsch, sondern auch eine Ablenkung von den tatsächlichen Versäumnissen der Politik.
Meinungsfreiheit und Dialog statt Strafverfolgung
Der IZR sieht die Meinungsäusserungsfreiheit als ein hohes Gut und spricht sich entschieden gegen jegliche Form der Zensur aus. Statt einer strafrechtlichen Verfolgung von Andreas Glarner bevorzugt der Rat den Dialog. Ein offener und respektvoller Austausch könnte dazu beitragen, Missverständnisse abzubauen und eine sachlichere Diskussion über gesellschaftliche Herausforderungen zu führen.
Was droht Glarner bei einer Verurteilung?
Sollte die Berner Staatsanwaltschaft ein Verfahren einleiten und Glarner verurteilt werden, drohen ihm Sanktionen gemäss Artikel 261bis des Strafgesetzbuchs. Diese reichen von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen, abhängig von der Schwere des Vergehens. Wichtig ist dabei, dass das in Frage stehende Material öffentlich verbreitet wurde, wie es bei Social Media der Fall ist.
Zusammenhalt statt Polarisierung
Die Causa Glarner zeigt erneut, wie wichtig ein ausgewogener und respektvoller Diskurs in der öffentlichen Debatte ist. Anstatt Religionen oder ethnische Gruppen pauschal zu stigmatisieren, sollten politische Akteure Verantwortung übernehmen und Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen auf konstruktive Weise suchen. Der IZR bleibt weiterhin bereit, seinen Beitrag zu einem solchen Dialog zu leisten.