Die Wahl des Stadtpräsidenten von Baden ist nicht bloss ein lokales Politikum. Gerüchten zu folgen soll gar der Kadidat Geri Müller vom israelischen Geheimdiest kaltgestellt werden.
(ni) In rund einer Woche wählt die Stadt Baden ihren neuen Stadtpräsidenten. Zur Wahl stehen FDP-Politiker Roger Huber und der bisherige Vize-Stadtpräsident Geri Müller. Mitten im Wahlkampf sind aber nicht Themen wie Gesundheitswesen und Stadtplanung im Vordergrund, sondern der Nahost-Konflikt.
Hamas-Sprecher im Bundeshaus empfangen
Der grüne Nationalrat, bekannt für sein Engagement für Palästina, erhielt internationale Medienpräsenz, als er 2012 drei Hamas-Funktionäre, darunter Sprecher Mushir al-Masri, im Bundeshaus empfing. Dass der Palästina-Freund nun Stadtpräsdient werden soll, geht der jüdischen Lobby zu weit.
Diese Woche erschien in der israelischen Zeitung «Jerusalem Post» ein Artikel über Müller. Darin sagt Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerisch Israelitischen Gemeindebunds: «Wir kritisieren Müllers Nähe zu Antisemiten und zur Hamas, welche Israel das Existenzrecht abspricht.»
Im selben Artikel sieht Shimon Samuels vom Simon-Wiesenthal-Center gar die 130 Mitglieder der ansässigen jüdischen Gemeinde in Gefahr. Er kritisiert die pro-palästinensische Haltung Müllers und seine Teilnahme an Protestaktionen gegen die Besetzung Palästinas.
Der grüne Nationalrat ist bekannt für sein unermüdliches Engagement für die Rechte des palästinensischen Volks. Er nahm bereits an verschiedensten Demonstrationen und Aktionen gegen die Besatzungs-Politik Israels teil, so auch an einer Boykott-Kampagne mit dem Titel: «Israelische Produkte? Kaufe ich nie!»
Der Präsident der kleinen jüdischen Gemeinschaft Baden möchte sich zum Fall Müller nicht mehr äussern. In den vergangenen Wochen hat er mit Leserbriefen eifrig versucht den Nationalrat in ein schlechtes Licht zu rücken und seine Kandidatur zu delegitimieren, soll dann aber von bürgerlicher Seite zurückgepfiffen worden sein.
Will Israel den neuen Stadtpräsidenten Badens bestimmen?
Nun wurde bekannt, dass seit kurzem Dokumente kursieren, deren Authentizität sich nicht überprüfen lässt. Darin heisst es, dass Müller unter Beobachtung «ausländischer Geheimdienste» stehe. Grund dafür sei, dass er sich regelmässig mit einem Palästinser treffe, welcher angeblich die Hamas untersütze. Die Hamas ist seit ihrem Wahlsieg 2006 die wichtigste und führende Partei Palästinas.
Geri Müller sagt jedoch, dass er diese Person gar nicht kenne. Offenbar läuft eine politische Diffamierungs-Kampagne gegen ihn, die er durch heftige Reaktionen nicht noch weiter anheizen will. «Die Angriffe kommen von einer kleinen Minderheit», sagte er kürzlich in einem Interview.
Doch Müllers Umfeld befürchtet, dass der israelische Geheimdienst bei den Wahlen mitbestimmen möchte. So ist zu erfahren, dass Sacha Wigdorovits, PR-Berater mit jüdischen Wurzeln, Müller im Auftrag des Staates Israel politisch kaltstellen soll. Dieser dementiert freilich: «Ich habe kein Mandat. Dafür fehlt mir nur schon die Zeit.»
Verwunderung über Dimension des lokalen Wahlkampfs
Offiziell wird Müller von Links-Grün unterstützt. Sein Gegenkandidat, Roger Huber, will den Ausgang der Wahlen abwarten und läss sich nicht auf eine Kontroverse ein. Der FDP-Politiker sagt: «Ich bin sehr erstaunt darüber, welche Dimension ein internationales Thema im lokalen Wahlkampf angenommen hat. Anonyme Vorwürfe sind nicht unser Stil, und ich nehme dazu keine Stellung.»
Quelle: «NZZ am Sonntag», Stadt Baden im Nahostkonflikt, 24.02.2013, S. 12.