Der IZRS zieht das Urteil ans Bundesgericht weiter.
Der IZRS zieht das Urteil ans Bundesgericht weiter.

Bange letzte Stunden waren es am Mittwochmorgen, als das OK-Team auf die beiden Entscheide des Bundes- und des Kantonsgerichts wartete. Am Nachmittag herrschte dann Gewissheit: Das Kantonsgericht wies die Beschwerde gegen den Oberamtmann des Saanebezirks ab während das Bundesgericht sich für unzuständig erklärte.

Kommuniqué 27112014-0103

Das Bundesgericht stellte sich auf den Standpunkt, dass der Entscheid im Hauptverfahren der Vorinstanz abzuwarten sei, bevor es das Anliegen materiell prüfen könne. Dazu wird es bald kommen, jedoch nicht mehr rechtzeitig, um die Durchführung der Jahreskonferenz im Forum Fribourg zu sichern.

Dies nachdem das Kantonsgericht gestern im Hauptverfahren entschieden hatte, dass die Veranstaltung nicht an sich Sorgen bereite, sondern die Weltlage und damit verbunden die Gefahr, dass gewalttätige Demonstranten die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören könnten. In Ziffer 5f. schreibt das Gericht:

„Dem Beschwerdeführer selbst beziehungsweise den Teilnehmern der Versammlung wird keine Gewaltbereitschaft vorgeworfen. Auf das alleine kommt es jedoch nicht an. Der Beschwerdeführer muss als so genannter Zweckveranlasser bezeichnet werden. Ein solcher gefährdet oder stört die öffentliche Sicherheit und Ordnung zwar nicht selbst, sondern durch sein Tun oder Unterlassen bewirkt er oder nimmt er zumindest in Kauf, dass ein anderer die Polizeigüter stört oder gefährdet. Vor dem Hintergrund der aktuellen besonderen Situation, der Teile des Islams ausgesetzt sind, ist, wie der Oberamtmann aufgrund einer Analyse der Kantonspolizei zur Recht (sic!) festhält, mit Gegendemonstrationen zu rechnen.“

Im Widerspruch zum oben Konzedierten bestehe indes doch „wenig Gewissheit oder eine Zusicherung, dass Redner oder Versammlungsteilnehmer nicht das Wort ergreifen werden, um direkt oder indirekt die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) oder andere verbotene Organisationen zu unterstützen.“

Keine konkrete Gefährdung beim Namen genannt

Die Richter verwiesen zwar auf die Behauptung der Kantonspolizei, welche von einer „wahrscheinlichen, ernsthaften, konkreten“ Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sprach, jedoch letztlich wohl selbst ihre sprachlich bemerkenswerte Konstruktion nicht mehr verstand und „konkret“ mit „wahrscheinlich“ etwas zu salopp aufmischte. Jedenfalls verpasste es die Kantonspolizei bis heute, eine konkrete nachvollziehbare Gefährdung zu benennen, welche die kantonalen Ordnungshüter in unverhältnismässiger Weise hätte zwingen können, sich um den Schutz der allenfalls betroffenen Polizeigüter zu kümmern.

Das Kantonsgericht wirft dem Veranstalter und seinen Besuchern explizit keine Gewaltbereitschaft vor, unterlässt es, eine konkrete Gefährdung aufzuzeigen und verweist stattdessen weiterhin auf die allgemeinere Weltlage, um Grund- und Freiheitsrechte so eklatant einzuschränken und konzediert das Vorliegen eines bedeutenden Grundrechtseingriffs, welchen es als „verhältnismässig“ einstuft.

Islamophobie verleitet zu Zynismus und Willkür

Aus dem Urteil geht klar hervor, dass nach Ansicht des Gerichts die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht primär durch die Veranstaltung gefährdet werden könnte, sondern durch die „Situation, der Teile des Islams ausgesetzt sind“ – sprich durch eine mögliche, islamophobe Gewaltreaktion auf die friedliche Veranstaltung.

Anstatt die Grundrechte zu verteidigen und gegebenenfalls die muslimische Veranstaltung durch den Einsatz von Ordnungshütern gegen mögliche islamophobe Gewalttäter zu schützen, wird der Hebel beim Opfer angesetzt und dessen Grundrechte quasi zu seinem Selbstschutz präventiv eingeschränkt. Entspräche dies der in der Schweiz typischen Handhabe etwa bei vergleichbaren Veranstaltungen so bei SVP-Kundgebungen auf dem Bundesplatz, welche widerholt durch linke Chaoten konkret und ernsthaft bedroht wurden oder bei Sportveranstaltungen, die regelmässig Sach- und Personenschäden nach sich ziehen, würde sich die Aufregung in Grenzen halten.

Offensichtlich gelten aber für muslimische Veranstaltungen besondere Regeln, die an Zynismus und Willkür kaum mehr zu überbieten sind.

Bundesgericht hat das letzte Wort

Der Islamische Zentralrat kann den Entscheid des Kantonsgerichts nicht nachvollziehen und ist besorgt, dass damit die Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit der Schweizer Muslime nachhaltig auf dem Spiel steht. Da die Verwaltung und die Richter in Fribourg nicht auf eine konkrete Gefährdung verwiesen, gibt es keinen plausiblen Grund zur Annahme, dass sie in einem zukünftigen Bewilligungsverfahren zu einem grundlegend anderen Schluss gelangen würden. Dieser Zustand käme einem dauerhaften und allgemeinen Versammlungsverbot für Muslime gleich. Dies gilt es zu verhindern. Deshalb wird der Rat das Urteil des Kantonsgerichts ans Bundesgericht weiterziehen.

Kundgebung: Vom Minarett- zum Versammlungsverbot

Die Islamische Jugend Schweiz (VIJS), die Islamische Jugend Luzern (IJL), der albanische Kulturverein „Rinia Zvicërhat“, sowie der Dachverband der äthiopischen Muslime (Bilal) rufen für Samstag zur Kundgebung gegen „Vom Minarett- zum Versammlungsverbot – Stopp Islamophobie und Justizwillkür“ in Fribourg auf. Veranstalterin ist die Islamische Jugend Schweiz (VIJS). Die Vereine möchten damit einerseits gegen das konkrete Vorgehen der Behörden in Fribourg protestieren im weiteren Sinne aber auch daran erinnern, dass exakt vor fünf Jahren, nämlich am 29.11.2009 bereits einmal grundlegende Freiheitsrechte eingeschränkt worden waren und sich seither der Trend zur gesellschaftlichen Islamophobie noch weiter verstärkt hat.

Im Rahmen einer Pressekonferenz informierte der Islamische Zentralrat gestern Abend, dass er sich diesem Aufruf anschliesst. Die Besammlung wurde in Absprache mit der Kantonspolizei für 13:00 Uhr am Place Georges-Python in 1700 Fribourg festgelegt. Danach ist ein Protestzug zur Präfektur und von dort zum Kantonsgericht geplant.

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