Heute Morgen wurde vor einem St. Galler Einzelrichter ein Strafverfahren (Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht, Ungehorsam gegen amtliche Verfügungen, Widerhandlungen gegen das kantonale Volksschulgesetz durch Missachtung der Verantwortung für den Schulbesuch) gegen die Eltern jener schulpflichtigen Tochter verhandelt, die derzeit gegen ein Kopftuchverbot an der Primarschule von St. Margarethen rekurriert.
Kommuniqué 05032014-0085
Das Verfahren entzündete sich an einem Streit zwischen der Schule und dem betroffenen Mädchen, welches trotz Kopftuchverbot in der Schulordnung den Schulunterricht mit einem Kopftuch weiter besuchen wollte, jedoch dann von der Schule jeweils wieder nach Hause geschickt wurde. Die Eltern waren stets sehr bemüht, das Mädchen in die Schule zu schicken, konnten jedoch bis zum Präsidialentscheid des St. Galler Verwaltungsgerichts vom 7.11.2013 am Unterricht über Wochen nicht mehr teilnehmen. Erst jener Verwaltungsgerichtentscheid ebnete den Weg zurück zum Unterricht, da er die aufschiebende Wirkung dahingehend auslegte, dass dem Mädchen der Schulbesuch bis zum Abschluss des Verfahrens sehr wohl zu erlauben sei.
Dem Vater drohte eine Freiheitstrafen von drei Monaten und eine Busse von 2500.- und der Mutter eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je Fr. 30.-, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von 3 Jahren, sowie eine Busse von Fr. 800.- Umso erleichterter reagieren die beiden auf den Freispruch.
Der Islamische Zentralrat begrüsst den Entscheid als folgerichtig. Schliesslich ging es den betroffenen Eltern in keinem Moment darum, die Tochter an der Teilnahme am Unterricht zu hindern oder sonst in irgendeiner Art und Weise ihre Erziehungspflicht zu vernachlässigen. Den Eltern liegt viel an der Schulbildung der Tochter.
Entscheid des Bildungsdepartements ausstehend
Derweil erwartet die Familie den ausstehenden Entscheid des St. Galler Bildungsdepartements im Rekursverfahren gegen das Kopftuchverbot im Schulreglement von St. Margarethen.
Kopftuch ist kein religiöses Symbol, sondern Teil des Kultus
Tatsächlich ist der islamische Hijab anders als ein Kreuz, Davidstern oder ein Halbmond kein religiöses Symbol. Der Hijab ist vielmehr integraler Bestandteil des islamischen Kultus. Alle sunnitischen- wie schiitischen Rechtsschulen erachten das Tragen eines «Kopftuches» für Frauen ab der Pubertät als religiöse Individualpflicht. Ob ein freier Mensch Glaubenspflichten, die in keinster Weise in Widerspruch zur Rechtsordnung stehen, nachkommt oder sie vernachlässigt, darf aufgrund der verfassungsmässig garantierten Religions- und Kultusfreiheit nicht durch staatliche oder privatwirtschaftliche Regulative vorweggenommen werden. Ein Verbot des islamischen Hijabs käme einem gravierenden Eingriff in die Freiheitsrechte muslimischer Schülerinnen gleich und liesse sich in einer toleranten, freiheitlichen Gesellschaftsordnung nicht rational begründen.
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