30.01.2016
Die islamische Gelehrsamkeit neigt tendenziell zu der Auffassung, dass Analverkehr (al-wāṭ fī dubur al-marʾa) verboten (ḥarām) ist.
Besonders umstritten bleibt jedoch die Frage des Analsex zwischen Eheleuten. Es fehlt ein eindeutiger, expliziter Textbeleg aus dem Qurʾān. Die oft zitierte Stelle lautet:
„Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. So kommt zu eurem Saatfeld, wann und wie ihr wollt.“ (Q 2:223)
Einige Exegeten sehen darin eine Einschränkung auf den vaginalen Geschlechtsverkehr, da nur dieser als „Saatfeld“ im wörtlichen Sinn betrachtet werden könne. Dieser Analogieschluss ist jedoch umstritten und kann allein kein eindeutiges Verbot begründen.
Die Sunna hingegen enthält mehrere Überlieferungen, in denen der Prophet (ṣallā Allāhu ʿalayhi wa-sallam) Analverkehr kritisch kommentierte. So heisst es etwa:
„Verkehre mit ihr von vorne oder von hinten – aber meide den After und (den Geschlechtsverkehr) während der Menstruation.“ (Überliefert bei Ibn Ḥibbān)
Gleichwohl sind die Überlieferungen zum Thema nicht frei von Diskussion hinsichtlich Authentizität, Wortlaut und Kontext. Keine Überlieferung erreicht einen zweifelsfreien Authentizitätsgrad. Einige Gelehrte lehnten ein absolutes Verbot ab oder stuften die Handlung höchstens als „verwerflich, aber nicht explizit verboten“ (makrūh tanzīhī) ein – insbesondere bei Einvernehmlichkeit in der Ehe.
Insgesamt zeigt sich: Es gibt bei klassischen Gelehrten eine Tendenz zur Untersagung, aber keine starke Grundlage dafür in Qurʾān und Sunna. Diese Differenzierung ist wichtig, insbesondere da viele andere intime Handlungen in der Ehe weitgehend offen und ohne ausdrückliche Verbotslage behandelt werden. Was im Qurʾān und in der authentischen Sunna nicht eindeutig und nachweislich als verboten belegt ist, verbleibt grundsätzlich im Bereich des Erlaubten (mubāḥ) – und liegt somit in der Verantwortung und Entscheidung der Eheleute.
Eine ausführliche Analyse mit differenzierter Quellenlage und Positionen findet sich in unserem vertiefenden Beitrag: [LINK]
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