Bern, 29.09.2012

Niqab_Motion_Staenderat_032012(qi) Auch der Nationalrat will weder ein Niqab-Verbot für muslimische Frauen noch ein Vermummungsverbot für Chaoten. Nach der kleinen Kammer hat am Freitag auch der Nationalrat eine Standesinitiative aus dem Kanton Aargau abgelehnt – allerdings knapp mit 93 zu 87 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

Die vorberatende Staatspolitische Kommission (SPK), die ihrem Rat ebenfalls eine Ablehnung des Verhüllungsverbots empfohlen hatte, nannte den Vorstoss unverhältnismässig, weil es kaum Frauen in der Schweiz gebe, die sich aus religiösen Gründen entsprechend kleiden. Zudem würden die betroffenen Frauen bei einem Verbot nicht einfach den Schleier ausziehen, sondern sich ins Private zurückziehen. Weiter warnte Kommissionsprecherin Bea Heim vor einer negativen Signalwirkung an die muslimischen Touristen.

Eingriff in die Belange der Kantone

Ein Niqab-Verbot würde zudem nicht bloss Muslime betreffen, sondern auch in die Hoheit der Kantone eingreifen, so Heim weiter. Vermummungsverbote bei  Demonstrationen müssten im Ermessensspielraum der Kantone bleiben.

Die Rechtsbürgerlichen wünschen sich schon seit einiger Zeit ein Niqab-Verbot. Damit wollen sie eigenen Angaben nach nicht nur mehr Sicherheit im öffentlichen Raum herstellen, sondern auch die Gleichstellung zwischen Mann und Frau fördern, was auf Seiten der Linken auf eher auf Spott stösst. Schliesslich sei die Rechte sonst auch nicht die treibende Kraft hinter Gleichstellungsfragen.

Immer wieder Vorstösse aus dem rechten Lager

Vor rund einem Jahr hatte sich die grosse Kammer schon einmal zu dem Thema geäussert. Er hiess damals eine Motion des islamophoben SVP-Nationalrats Oskar Freysinger gut, die ein Vermummungsverbot im öffentlichen Verkehr und im Umgang mit Behörden verlangte. Der Ständerat brachte den Vorstoss jedoch letzten März zu Fall.

Der Nationalrat wird sich wohl in der nächsten Session wieder mit dem Thema auseinandersetzen müssen. SVP-Nationalrat Hans Fehr, der vor über eineinhalb Jahren vor der Albisgüetli-Tagung von vermummten Autonomen niedergeschlagen worden war, hat eine Motion für ein nationales Vermummungsverbot eingereicht. Der Vorstoss wurde damals von 134 Ratsmitgliedern unterzeichnet. Der Bundesrat empfiehlt jedoch eine Ablehnung.

Personenidentifizierung auch ohne Verbot kein Problem

Dass auch verschleierte Frauen bei Behördenkontakt ohne Anstalten ihr Gesicht zeigen müssen, bezweifelt keine islamische Organisation in der Schweiz. Es sind keinerlei praktische Probleme bekannt bei der Identifizierung von muslimischen Frauen. Die bestehende Gesetzgebung reicht aus, um in notwendigen Situationen, wie auf einer Amtsstelle oder an Grenzübergängen, die Preisgabe des Gesichts auch von verschleierten Frauen einzufordern.

Ausserdem dürfen praktische Probleme mit gewalttätigen Demonstranten oder Hooligans nicht auf Kosten der Religions- und Kultusfreiheit angegangen werden. Gerade gewaltbereite Demonstranten und Hooligans dürfte ein weiteres Vermummungsverbot – neben den in vielen Kantonen bereits bestehenden – kaum beeindrucken.

Quelle: Blick Online, Parlament lehnt Verhüllungsverbot für muslimische Frauen ab, 28.09.2012.

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