11% Zunahme bei islamophoben Vorfällen
11% Zunahme bei islamophoben Vorfällen

Belächelt und von vielen Seiten sogar ganz negiert, zeigt nun ein im Auftrag der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus erstellter Bericht ganz klar: Die Islamophobie in der Schweiz existiert und sie nimmt zu! Um ganze 11% stiegen die erfassten Vorfälle in der Kategorie «Muslimfeindlichkeit».

(jr) Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass die Dunkelziffer von diskriminierendem Verhalten gegenüber Muslimen um ein vielfaches höher sein dürfte. Beinahe täglich sehen sich vor allem Musliminnen, die nach Aussen hin durch ihr Erscheinungsbild oft leicht als solche zu erkennen sind, verbalen Attacken, abfälligen Bemerkungen oder beleidigenden Gesten durch ihre Mitmenschen oder Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgesetzt.

Doch das sollte nicht verdecken, dass es sich bei der Islamophobie um ein Phänomen handelt, welches nicht nur als individuelle Erfahrung längst Alltag geworden ist, sondern das auch in struktureller Hinsicht zunehmend auftritt: das Minarettverbot, das sog. Burkaverbot im Tessin, das nun schweizweit expandieren soll, zahlreiche Auseinandersetzungen mit Behörden um das Kopftuch in der Schule, Händeschütteln, eine verweigerte Einbürgerung aufgrund des Kopftuchs und vieles mehr, die bis vor die höchste gerichtliche Instanz der Schweiz gebracht werden müssen – all das demonstriert eine parallele Existenz der Islamophobie auf institutioneller Ebene.

Nun wird vielerorts der Versuch unternommen, den Grund, ja beinahe die Legitimation für dieses diskriminierende Verhalten in der Bedrohung – sei sie real oder gefühlt – durch Gruppierungen wie den sogenannten Islamischen Staat zu suchen.

Stärkste Zunahme bei den islamophoben Vorfällen
Stärkste Zunahme bei den islamophoben Vorfällen

Faktisch ist es jedoch nicht die tatsächliche Bedrohung durch Terrorismus selbst, sondern der Umgang mit ihr durch Medien und Politik, die eine begründete Sorge zur Angst werden lässt und letztlich auch Abneigung oder gar Hass gegenüber anderen Menschen aufgrund ihrer religiösen Zugehörigkeit evoziert.

Wenn eine Polizeibehörde einen Leitfaden veröffentlicht, in dem das Tragen eines Kopftuches oder eines Bartes, die Beschäftigung mit dem Islam oder die Entscheidung, ihn intensiver praktizieren zu wollen, als verdächtige Merkmale bezeichnet und gar dazu auffordert, entsprechendes der Polizei zu melden, dann steht ausser Frage, dass die betreffende Behörde die Muslime nicht nur unter Generalverdacht stellt, sondern richtiggehend Ressentiments schürt, in dem sie suggeriert, Muslimen müsse mit Vorsicht begegnet werden.

Wenn Begriffe wie «radikal», «islamistisch» oder «fundamentalistisch» – ohne dass diese Kampfbegriffe jemals eine allgemeingültige Definition erfahren hätten – in inflationärer Weise medial Verwendung finden und zwar sowohl für Anhänger des IS wie auch für Muslime, die ihre Religion friedlich in konservativer Auslegung praktizieren – wird eine lineare Verbindung zwischen Islam und Terror geschaffen, die eine ganze Bevölkerungsgruppe als potentiell gefährlich brandmarkt.

Nein, es muss uns nicht wundern, dass die Islamophobie rasant zunimmt, nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa. Aber zu behaupten, dass der Grund dafür in der Bedrohung durch den IS liege, überdeckt lediglich die eigentlich Verantwortlichen an dieser Entwicklung: unterschiedliche gesellschaftliche Kräfte, die mit dem schüren von pauschalen Ängsten gegenüber einer einzelnen Bevölkerungsgruppe einen Keil in die Gesellschaft treiben und den gesellschaftlichen sowie den religiösen Frieden massiv gefährden. Dies tun sie übrigens nicht erst seit dem Auftreten des IS. f

 

pdf_icon Hier geht es zum EKR Bericht 2015

 

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