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Die perfekte „Affäre“ – Sexualität im Islam
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31.01.2013

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Die perfekte „Affäre“ – Sexualität im Islam

Ist Oralverkehr haraam und dürfen sich Eheleute trotz Menstruation gegenseitig befriedigen? Das vorliegende FAQ gibt kurze, prägnante und unverkrampfte Antworten zu immer wiederkehrenden Fragen der Sexualität im Islam.

Dabei wurde versucht, kulturell bedingte Tabus bewusst auszuklammern. Jüngere Generationen haben bekanntlich weniger Mühe mit neueren Praktiken als es vielleicht noch ihre Eltern hatten. Für den praktizierenden Muslim gilt jedoch nicht die traditionale Prägung der Eltern als Richtschnur für das ethisch richtiges Handeln, sondern die islamische Normativität. Gibt es keine klaren Beweise gegen eine bestimmte sexuelle Handlung, so kann sie nicht als verboten erklärt werden. Liegt dagegen eine richtende Norm aus Qur’an oder Sunna vor, so gilt diese auch in einer Zeit, in der jede Scham begraben scheint.

Was sagt der Islam zur Prostitution?

Der Islam legt grossen Wert auf den Schutz der Frau – ihrer Würde, Ehre und Rechte. In der Praxis der Prostitution hingegen zeigt sich eine entehrende Ausbeutung der Frau, eine Herabwürdigung ihres sozialen Status und eine Verletzung ihrer grundlegenden Rechte als Mensch und als Frau. Zudem verbietet der Islam jegliche ausser­eheliche sexuelle Beziehung ausdrücklich. Solche Handlungen gelten nicht nur als persönliche Verfehlung, sondern als Angriff auf das moralische Fundament einer gesunden Gesellschaftsordnung. Deshalb werden sie im islamischen Recht streng geahndet. Die Prostitution ist im Islam strikt verboten. Doch der Islam beschränkt sich nicht auf ein reines Verbot – er bietet gleichzeitig Alternativen, die sowohl ethisch als auch sozial tragfähig sind. Insbesondere durch das Modell der islamischen Ehe sowie durch verschiedene legitime Vertragsformen schafft der Islam legale, geschützte und würdevolle Rahmenbedingungen für Sexualität, Partnerschaft und soziale Absicherung. Auf diese Weise wird der Notwendigkeit von Prostitution die Grundlage entzogen.

Wie steht der Islam zur Selbstbefriedigung?

Der sexuelle Trieb des Menschen wurde ihm von Allah (swt) gegeben, um die Fortpflanzung der menschlichen Art zu ermöglichen und zugleich eine starke emotionale Bindung zwischen Ehepartnern zu fördern. Aus diesem Grund legt der Islam grossen Wert darauf, dass sexuelle Befriedigung in einem erlaubten und würdevollen Rahmen, nämlich innerhalb der Ehe, stattfindet. Hinsichtlich der Selbstbefriedigung (Masturbation) existiert in der islamischen Gelehrsamkeit eine kontroverse Debatte. Zwar ist in der traditionellen Literatur die Meinung verbreitet, dass sie unerwünscht oder sogar verboten sei, jedoch fehlt es für ein ausdrückliches Verbot an klaren und authentischen normativen Textbelegen im Quran und in der Sunna. Es lässt sich daher nicht mit Sicherheit sagen, dass Selbstbefriedigung aus islamrechtlicher Sicht haram sei. Vielmehr vertreten zahlreiche Gelehrte die Position, dass sie unter bestimmten Umständen – etwa zur Vermeidung einer grösseren Sünde wie Zina – als geringeres Übel (akhaff ad-dararayn) zulässig sein könne. Aus moderner medizinischer Sicht gibt es keine Belege dafür, dass Selbstbefriedigung gesundheitsschädlich sei. Der Islam verbietet nichts, ohne klaren, authentischen und nachvollziehbaren Grund. Daher ist eine pauschale Verurteilung der Selbstbefriedigung nicht haltbar.

Sind Pornos für Muslime erlaubt?

Im Islam ist es keinem der beiden Geschlechtern erlaubt, sich vor einem Fremden zu entblössen. Zudem gelten intime Beziehungen im Islam als unantastbares Geheimnis zwischen zwei Ehepartnern, welches nicht offenbart werden sollte. Daher verpönt der Islam auch sämtliche Gespräche über persönliche sexuelle Handlungen, es sei denn in einem Fall der Notwendigkeit, wie etwa der Behandlung einer Krankheit. Eine Pornodarstellung verbreitet also in verbotener Art und Weise Informationen über zwingend private sexuelle Handlungen. Genauso verboten ist der Konsum von pornografischen Darstellungen. Allah der Allmächtige befiehlt den Muslimen im Quran: "Sprich zu den gläubigen Männern, dass sie ihre Blicke zu Boden senken und ihre Keuschheit wahren sollen. Das ist reiner für sie. Wahrlich, Allah ist dessen, was sie tun, recht wohl kundig. Und sprich zu den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke zu Boden senken und ihre Keuschheit wahren und ihren Schmuck nicht zur Schau tragen sollen." (24:30-31) Der Muslim ist verpflichtete beim Anblick einer Frau, seinen Blick in gebührender Weise zu senken und nicht in Gier und Lust auf sie zu starren. Gleiches Gilt für die Muslima. Wer willentlich dennoch von Lust getrieben das andere, fremde Geschlecht anstarrt, der macht sich der (zina al-‘ayn), d.h. Unzucht durch das Auge schuldig. Unabhängig vom klaren islamischen Verbot der Pornografie, in welcher Form auch immer, können auch gesundheitliche und soziale Gründe genannt werden, die gegen den Porno-Konsum sprechen. Neuste Studien belegen, dass Pornografie psychische Probleme und Komplexe bis hin zur Abhängigkeit verursachen kann. In vielen westlichen Kontexten führt Pornografie bei Jugendlichen zudem nachweislich zu falschen Vorstellungen über Sexualität. Dies wurde in jüngster Zeit mit der zunehmenden sexuellen Gewalt unter Jugendlichen in Zusammenhang gebracht.

Kennt der Islam eine Art des Zölibats?

Der Islam kennt kein Zölibat, er verbietet es sogar. Die sexuellen Triebe sind natürlich und haben ihren Platz im menschlichen Leben. Daher befürwortet der Islam die Ehe und motiviert dazu. Der Islam sucht nach dem Gleichgewicht in allen Angelegenheiten, dazu diese Überlieferung: Anas ibn Malik (raa) berichtete: “Eine Gruppe von drei Männern suchte die Wohnungen der Frauen des Propheten auf, um sich über die Frömmigkeit des Propheten zu erkundigen. Als sie davon Kenntnis nahmen, machten sie den Eindruck, als ob sie derartige Praxis für gering schätzten. Sie sagten dann: "Wer sind wir gegenüber dem Propheten? Ihm ist doch jede vergangene und künftige Schuld vergeben worden." Einer von ihnen sagte: "Was mich aber angeht, so verbringe ich die ganze Nacht im Gebet." Ein anderer berichtet: "Ich aber faste die ganze Zeit und breche nicht mein Fasten." Der dritte sagte: "Ich enthalte mich aber der Frauen und werde niemals heiraten." Der Gesandte Allahs kam hinzu und sagte: "Seid ihr diejenigen, die dies und jenes gesagt haben? Was mich wirklich angeht, so bin ich bei Allah unter euch derjenige, der Allah am meisten fürchtet und Ihm gegenüber am frömmsten ist. Dennoch faste ich und breche ich mein Fasten, bete und gehe ich schlafen und heirate die Frauen. Wer sich von diesem meinem Weg (Sunnah) abwendet, der gehört nicht zu mir.” (Sahih Al-Bukhari, Hadith Nr.4776)

Ist Oralsex im Islam verboten?

Der Islam betrachtet Sexualität als natürlichen Bestandteil des menschlichen Lebens und als legitimen Ausdruck von Liebe, Nähe und Zärtlichkeit innerhalb der Ehe. Dabei gibt es – abgesehen von klar definierten Ausnahmen – keine spezifischen Einschränkungen in Bezug auf die Art der sexuellen Praktiken, solange sie im gegenseitigen Einvernehmen stattfinden und keine gesundheitlichen Schäden verursachen. Es existieren keine authentischen Quellen im Quran oder in der Sunna, die Oralsex zwischen Ehepartnern ausdrücklich verbieten würden. Dies gilt sowohl für Fellatio als auch für Cunnilingus. Vielmehr zeigt sich in der islamischen Gelehrsamkeit eine Offenheit gegenüber unterschiedlichen Ausdrucksformen ehelicher Intimität, da sexuelle Praktiken auch kulturell und regional variieren und nicht per se als haram gelten, nur weil sie nicht ausdrücklich erwähnt sind. Heutzutage ist Oralsex eine weit verbreitete Praxis unter Ehepartnern und gilt als Teil der intimen Zuneigung. Aus islamischer Sicht ist entscheidend, dass sexuelle Bedürfnisse innerhalb der Ehe auf erlaubte Weise befriedigt werden – auch um verborgene Begierden zu vermeiden, die andernfalls zu ehelichen Problemen oder gar ausserehelichen Verfehlungen führen könnten. Eine gesunde, offene und gegenseitig respektvolle Sexualität stärkt das Band zwischen den Ehepartnern und schützt vor Versuchungen. Dazu noch der Hinweis, dass sowohl das männliche Sperma wie auch das weibliche Scheidensekret in der islamischen Rechtsprechung als rein kategorisiert werden. Einige Gelehrte haben jedoch darauf hingewiesen, dass beim Oralverkehr die Möglichkeit der Beimischung von kleinsten Urinmengen bestünde. Urin gilt anders als Sperma oder Scheidensekret als (najis), d.h. unrein. Dies entspricht gemäss aktueller medizinischer Forschung jedoch nicht dem Normalfall und kommt nur in seltenen Fällen vor.

Ist Analverkehr im Islam erlaubt?

Die islamische Gelehrsamkeit neigt tendenziell zu der Auffassung, dass Analverkehr (al-wāṭ fī dubur al-marʾa) verboten (ḥarām) ist. Besonders umstritten bleibt jedoch die Frage des Analsex zwischen Eheleuten. Es fehlt ein eindeutiger, expliziter Textbeleg aus dem Qurʾān. Die oft zitierte Stelle lautet: „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. So kommt zu eurem Saatfeld, wann und wie ihr wollt.“ (Q 2:223) Einige Exegeten sehen darin eine Einschränkung auf den vaginalen Geschlechtsverkehr, da nur dieser als „Saatfeld“ im wörtlichen Sinn betrachtet werden könne. Dieser Analogieschluss ist jedoch umstritten und kann allein kein eindeutiges Verbot begründen. Die Sunna hingegen enthält mehrere Überlieferungen, in denen der Prophet (ṣallā Allāhu ʿalayhi wa-sallam) Analverkehr kritisch kommentierte. So heisst es etwa: „Verkehre mit ihr von vorne oder von hinten – aber meide den After und (den Geschlechtsverkehr) während der Menstruation.“ (Überliefert bei Ibn Ḥibbān) Gleichwohl sind die Überlieferungen zum Thema nicht frei von Diskussion hinsichtlich Authentizität, Wortlaut und Kontext. Keine Überlieferung erreicht einen zweifelsfreien Authentizitätsgrad. Einige Gelehrte lehnten ein absolutes Verbot ab oder stuften die Handlung höchstens als „verwerflich, aber nicht explizit verboten“ (makrūh tanzīhī) ein – insbesondere bei Einvernehmlichkeit in der Ehe. Insgesamt zeigt sich: Es gibt bei klassischen Gelehrten eine Tendenz zur Untersagung, aber keine starke Grundlage dafür in Qurʾān und Sunna. Diese Differenzierung ist wichtig, insbesondere da viele andere intime Handlungen in der Ehe weitgehend offen und ohne ausdrückliche Verbotslage behandelt werden. Was im Qurʾān und in der authentischen Sunna nicht eindeutig und nachweislich als verboten belegt ist, verbleibt grundsätzlich im Bereich des Erlaubten (mubāḥ) – und liegt somit in der Verantwortung und Entscheidung der Eheleute. Eine ausführliche Analyse mit differenzierter Quellenlage und Positionen findet sich in unserem vertiefenden Beitrag: [LINK]

Ist Verhütung im Islam verboten?

Es gibt im Islam kein Verbot der Verhütung, sofern dadurch die a.) die Gesundheit nicht geschädigt, b.) kein bereits befruchtetes Ei zerstört wird und c.) eine Schwangerschaft nicht für immer verunmöglicht wird. Eine Sterilisation ist dementsprechend klar untersagt. Sehr problematisch ist die Einsetzung einer sogenannten Spirale. Die Wirkung der Spirale gilt in der Fachwelt weiterhin nicht als restlos geklärt. Ihre nidationshemmende Wirkung (Verhinderung der Einnistung eines bereits befruchteten Eis) jedoch spricht klar gegen ihre Zulässigkeit, da damit eine bereits eingetretene Schwangerschaft willentlich abgebrochen wird. Zur Zeit des Propheten Muhammad (sas) wurde der sogenannte "coitus interruptus" praktiziert, und der Prophet hat dies gebilligt. Ausserdem wird im Quran empfohlen, dass die Mutter ihr Kind zwei volle Jahre stillen soll (2:233); dies ist auch ein gewisser Schutz vor Schwangerschaft, was natürlich eine Schwangerschaft innerhalb der Stillzeit nicht ausschliesst. Heutzutage gibt es allerdings modernere Methoden der Schwangerschaftsverhütung. Für welche zulässige Art der Schwangerschaftsverhütung sich ein muslimisches Ehepaar entscheidet oder ob es überhaupt Verhütungsmittel verwenden will, können die Ehepartner unter Berücksichtigung der familiären und gesundheitlichen Situation entscheiden. Die Tatsache, dass muslimische Ehepaare oft mehrere Kinder haben, ist nicht auf eine mangelnde Verhütungspraxis zurückzuführen, sondern auf die durch die islamische Lehre begründete positive Einstellung zu Kindern.

Ist Geschlechtsverkehr während der Schwangerschaft erlaubt?

Selbstverständlich ist Sex während der Schwangerschaft möglich. Dazu gibt es keine Einschränkungen, solange die Fruchtblase noch nicht geplatzt ist und keine Schwangerschaftskomplikationen wie Plazenta Praevia oder Blutungen bestehen und es noch nie Probleme mit einer Zervixinsuffizienz gab. Bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft gibt es auch keinen Zusammenhang zwischen Sex und einer Früh- oder Fehlgeburt. Tatsächlich hat eine Studie sogar nachgewiesen, dass Frauen, die während der Schwangerschaft regelmässig Geschlechtsverkehr hatten, weniger zu Frühgeburten neigen als solche, die sich geschlechtlichem Verkehr enthielten.

Ist Geschlechtsverkehr während der Menstruation zulässig?

Der Islam verbietet den Geschlechtsverkehr während der Menstruation eindeutig. Der Quran sagt: „Sie fragen dich nach der Monatsblutung. Sag: Sie ist ein Leiden. So haltet euch von den Frauen während der Monatsblutung fern, und kommt ihnen nicht nahe (Enthaltet euch des Geschlechtsverkehr während der Monatsblutung), bis sie rein sind.“ (2:222) Der Gesandte (sas) kommentierte diesen Vers: „Macht alles ausser dem Geschlechtsverkehr.“ (Sahih Muslim, Nr.302). Damit gilt, dass einzig der Koitus verboten ist, was den Ehepartnern freien Spielraum für den Austausch von Zärtlichkeit oder sonstigen sexuelle Handlungen wie Petting lässt. Der direkte Kontakt mit Menstruationsblut muss jedoch vermieden werden.

Ab welchem Alter ist Sex im Islam möglich?

Theoretisch ist Geschlechtsverkehr ab der biologischen Geschlechtsreife, sprich nach Beginn der Pubertät möglich. Für die Konditionen einer Heirat wird jedoch auch die psychische Maturität (rushd) vorausgesetzt. Je nach Fall, kann dies zu einem Hinderungsgrund werden. Die ersten sexuellen Beziehungen sind Erfahrungen, die gerade im Westen von vielen Jugendlichen in sehr frühem Alter gemacht werden. Der Islam verbietet jedoch jede intime Beziehung zwischen den Geschlechtern ohne Vollzug einer gültigen Nikah. Dies führt bei vielen Jugendlichen zu erheblichen Spannungen zwischen Lust und Gewissen. In der Schweiz sind sexuelle Beziehungen ab dem 16. Altersjahr legal zulässig. Dagegen kann erst amtlich heiraten, wer das 18. Altersjahr erreicht hat. Von Gesetzes wegen entsteht also ein zweijähriger Problembereich, der für Muslime in der Schweiz im Zweifelsfall nicht ideal gestaltbar ist.  


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