Die SRF-Sendung «Kontext» vom 09. Dezember 2016 hat unter Muslimen aufgrund fehlender Differenzierung für Aufsehen gesorgt. Der Islamische Zentralrat hat die Kritik aufgenommen, gebündelt und eine Beschwerde bei der Ombudsstelle der SRG erhoben.
Die Beschwerde beanstandet einerseits die von der Redaktion eingeführte, nach Ansicht des IZRS, unhaltbare Dichotomisierung des facettenreichen muslimischen Spektrums in «liberale», sprich gute und «radikale», sprich böse Muslime, wobei es gemäss Redaktor Raffael Zehnder die Aufgabe der Zivilgesellschaft sei, eben diese «Radikalen» nicht aus den Augen zu verlieren. Andererseits gebe es inhaltliche Fehler, welche nicht zuletzt aufgrund des fehlenden Widerspruchs beim Hörer verbreitete Stereotypen wie etwa, der Islam sei nicht mit Demokratie zu vereinbaren, schon zu Beginn der Sendung festigen würden.
Die SRG-Redaktionen als Programmverantwortliche der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt haben sich gemäss Artikel 3 ihrer Konzession nicht nur an die Gesetze halten. Sie müssen über dies in hohem Mass berufsethische Normen respektieren. In Artikel 4 der SRG Programmcharta wird weiter die Forderung nach zuverlässigen Quellen unterstrichen und deklariert, dass falsche Informationen berichtigt werden müssen.
Art. 4, SRG-Programmcharta: «In unseren Informationssendungen sind wir bestrebt, der Wahrheit möglichst nahe zu kommen. Wir bemühen uns, sämtliche Tatsachen zu berücksichtigen, die für das Verständnis des jeweiligen Sachverhaltes relevant sind. Wir verbreiten nur Informationen aus zuverlässigen Quellen. Falsche Informationen berichtigen wir. Wir lehnen jede Form von Manipulation oder Verzerrung der Wahrheit mit Hilfe von Bild, Ton oder Text ab. Unsere Informationen beschaffen wir auf rechtlich zulässige und ethisch korrekte Art und Weise.»
Ein sorgfältiger Umgang insbesondere mit subjektiven Meinungen, besonders in einer Zeit der zunehmenden gesellschaftlichen Polarisierung, sei für eine neutrale und unvoreingenommene Berichterstattung unerlässlich, heisst es in der Beschwerde. Dies umso mehr, wenn die Sendung einen Themenbereich bearbeite, dessen Diskussion in der Öffentlichkeit in aller Regel mit starken Emotionen einhergehe. Das Thema Muslime oder Islam gehöre zweifelsfrei in diese Kategorie. Redaktoren und Journalisten müssten sich bewusst sein, dass eine gesellschaftlich kritische Grundstimmung gegenüber dem Islam vorherrsche und sich daher besonders gut überlegen, ob es tunlich sei, jene durch subjektive Sichtweisen, welche eine islamfeindliche Stimmung transportierten, ohne glaubwürdigen Widerspruch noch weiter zu fördern.
Verantwortlichen eines öffentlich-rechtlichen Senders sollten sich fragen, was eine derart einseitige Sendung zur Meinungsbildung der Zuhörerinnen und Zuhörer beitrage. Kann angesichts der Aneinanderreihung von subjektiver Islamkritik, falscher Informationen und pauschalisierender Einteilung in gute liberale und böse radikale Muslime eine eigenständige Meinungsbildung durch die Zuhörerschaft überhaupt noch erwartet werden?
Diese und weitere Fragen muss nun die Ombudsstelle der SRG erstinstanzlich klären. Die Beschwerde im Wortlaut und der Schlussbericht werden zusammen nach Eingang des letzteren publiziert.
Hier geht es zur beanstandeten Sendung: