Eine Hand voll Demonstranten beeindruckt niemanden.
Eine Hand voll Demonstranten beeindruckt niemanden.

Der Nationalrat beschliesst trotz teils scharfer Kritik von Verbänden seelenruhig die Revision des (anti)-Islamgesetzes, welches Muslime einschneidend schlechter stellt als andere Religionsgemeinschaften. Für Muslime in Deutschland und der Schweiz sollte dieses Gesetz ein Weckruf sein.

Von  und 


Wo nur ist die muslimische Basis geblieben, dürften sich jene Aktivisten gefragt haben, die gestern Abend in Wien eine Kundgebung gegen das Islamgesetz veranstaltet hatten. Mit ein paar Duzend Demonstranten erzeugt man keinen politischen Druck.

Wenn die Muslime lieber «American Sniper» im Kino schauen, anstatt sich dafür zu interessieren, dass ihre Religionsgemeinschaft gerade einer Zwangsverkirchlichung unter miserabelsten Bedingungen ausgesetzt wird, dann liegt der Verdacht nahe, dass die muslimische Basis in Österreich nicht reif ist, ihre Angelegenheiten aktiv mitzugestalten. So darf es nicht verwundern, wenn sich korrupte Verbandsvertreter in selbstherrlicher Manier ganz nach dem Vorbild mittelöstlicher Despoten Islam-Politik zu Eigen machen.

Muslime in Deutschland und der Schweiz sollten sich in der Islam-Anerkennungs-Debatte die Katastrophe von Wien vor Augen führen und sich fragen: Ist es sinnvoll, sich zu einem Zeitpunkt auf den Weg zur öffentlich-rechtlichen Anerkennung des Islams zu begeben, in dem die gesellschaftliche Anerkennung noch in weiter Ferne liegt und völlig unklar bleibt, ob die muslimische Basis überhaupt versteht worum es bei dieser Debatte genau geht? Wollen wir riskieren am Ende auch im Korsett einer Zwangsverkirchlichung stecken zu bleiben, welche mehr Misstrauen und Unmut produziert als Verständigung zu erzeugen?

Wer eine öffentlich-rechtliche Anerkennung wünscht, muss gemäss Vorgaben in den Kantonen über demokratische Vereinsstrukturen verfügen. Das Funktionieren demokratischer Strukturen setzt aber die Existenz einer zivilgesellschaftlich aktiven und politisch reifen Basis voraus, welche den Prozess, auf den sie sich einlässt, nicht nur kopfnickend mitspielt, sondern auch versteht und mitträgt. Das mangelnde Interesse der österreichischen Muslime zeigt, dass trotz langjähriger Anerkennung der islamischen Religionsgemeinschaft IGGiÖ sich bisher noch kein glaubwürdiger zivilgesellschaftlicher Geist entwickeln konnte. Andernfalls hätte der IGGiÖ-Vorsitzende Fuat Sanac wohl kein so leichtes Spiel gehabt, als er letzte Woche trotz anderslautendem Beschluss des Schurarats selbstherrlich die Zustimmung der Glaubensgemeinschaft verkündet hatte.

Loading

Aktuellste Artikel