Im Kanton St. Gallen will man auch nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichts nicht auf ein Kopftuchverbot verzichten. Einschränkungen der Grundrechte von muslimischen Schulkindern und Eltern sollen nun auf dem gesetzlichen Weg verankert werden. Auch ein Verbot des Niqabs soll geprüft werden. Der Kantonsrat hiess am Dienstag mehrere Motionen dazu gut.
(qi) Mit grosser Mehrheit wurden die Vorstösse der CVP-EVP-Fraktion und der SVP-Fraktion für Kleidervorschriften an den Schulen (85 sowie mit 74 Ja-Stimmen) überwiesen. Die zustimmenden Parteien stellten den Vorstoss als allgemeines Regulierungsbedürfnis im Schulunterricht dar. Dahinter steht jedoch unübersehbar der Wunsch, den islamischen Hijab aus den Schulen und den Niqab ganz aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen.
Die Regierung nimmt die Motion mit Zufriedenheit entgegen. Es entspreche heute dem öffentlichen Interesse, mit einem Gesetz «den Raum für Grundrechtsbegriffe in der Volksschule abzustecken», heisst es in einer Verlautbarung. Allerdings müssten Einschränkungen der Grundrechte verhältnismässig sein, der Verfassung entsprechen und der sozialen Integration dienen. Daher wolle man bem Hijab-Verbot noch ein mögliches Bundesgerichtsurteil im St. Margrethener Kopftuchstreit abwarten.
Die SVP steuerte zunächst eine Motion in Klartext an, die das Tragen von «unziemlicher Bekleidung, demonstrativen Symbolen und Kopfbedeckungen» verbieten wollte. Diese Formulierung schien der Regierung jedoch zu heikel. Daher schlug sie eine Umformulierung vor, entsprechend der CVP-EVP-Motion: Jene wollte lediglich einen «Auftrag für die Regelung von Kleiderfragen» – anstatt wie die SVP für Verbote. Die SVP gab sich mit der Verschleierungstaktik zufrieden und unterstützte die Motion in diesem Sinn.
Uneinigkeit beim Niqab-Verbot
Der Kantonsrat überwies auch die Motion für ein Vermummungsverbot im öffentlichen Raum. Der SVP ging es dabei um ein Niqab-Verbot, wie verschiedene Redner klarstellten. Der Rat schwächte die Motion auf Antrag der FDP-Fraktion jedoch ab.
So müssten «die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Einschränkung der Grundrechte, insbesondere die Erfordernis der Verhältnismässigkeit» berücksichtigt werden. Justizdirektor Fredy Fässler wollte danach im Motionsauftrag keine zwingende Vorgabe für ein Niqab-Verbot mehr erkennen.
Dennoch muss die Regierung nun Vorschläge für eine Niqab-Regelung im öffentlichen Raum zusammen mit den Kleidervorschriften für die Schule dem Kantonsrat vorlegen. Wie der Vorschlag dereinst aussehen wird, ist derzeit noch unklar. Der Rat überwies die Motion aber überdeutlich gegen den Widerstand der Linken mit 84 zu 23 Stimmen.
Die Regierung verwies in ihrer Stellungnahme zum Vorstoss auf die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Ausserdem bestünden Zweifel an der Verhältnismässigkeit, da im Kanton St. Gallen äusserst selten Frauen in Niqab anzutreffen seien. Wenn, dann handle es sich um Touristinnen.
Quelle: Tagesanzeiger, St. Galler FDP verhindert Burkaverbot der SVP, 25.11.2014.