Müssen Muslime bald den "Muslim-Stern" auf sich tragen?
Müssen Muslime bald den „Muslim-Stern“ auf sich tragen?

Der Islamische Zentralrat kritisiert den Vorschlag der deutschen Innenminister, sogenannt „radikalen Islamisten“ die Reisedokumente zu entziehen und sie durch einen speziellen Ersatzausweis in der Öffentlichkeit zu stigmatisieren. Das Vorgehen erinnert an die Judenstern-Markierung in Nazi-Deutschland.

Kommuniqué 21102014-0099

Der Islamische Zentralrat Schweiz (IZRS) nimmt die Pläne des deutschen Innenministers Thomas de Maizière, sogenannt „radikalen Islamisten“ einen Ersatzausweis auszustellen mit tiefer Besorgnis zur Kenntnis. Er versteht den Wunsch der deutschen Bundesregierung, das Phänomen der Teilnahme an Kriegshandlungen im Ausland unterbinden zu wollen. Allerdings kritisiert er die nun vorgeschlagene Methode aus drei Gründen scharf.

Gefahr der Willkür

Der Entzug der Reisedokumente ist gerade für Muslime mit ausländischen Wurzeln aber auch für alle anderen freien Bürger ein tiefer Einschnitt in ihre Bewegungsfreiheit. Familienbesuche, Spontanurlaub oder Studienaustausch werden dadurch verunmöglicht. Wird eine solche Massnahme tatsächlich nötig, müsste sie verhältnismässig sein und unbedingt durch das Führen eines rechtsstaatlich wasserdichten Beweises von einem Richter sanktioniert werden. Ein rein präventiver und auf blossen Verdacht hin angeordneter Ausweisentzug eröffnet dem Staat die Möglichkeit Grundrechte auf der Basis von Willkür und Gutdünken einzuschränken.

Stigmatisierung der Betroffenen

Betroffene würden nicht nur in ihrer Reisefreiheit eingeschränkt, sondern auch öffentlich markiert, wodurch sie zweifelsohne schwere Nachteile zum Beispiel auf dem Arbeits- oder Wohnungsmarkt erfahren. Wer möchte mit einem behördlich stigmatisierten mutmasslichen Terroristen Geschäfte tätigen?

Fokus auf Muslime

Der Rat erachtet es zudem als fragwürdig, dass die Thematik der fremden Kriegsdienste nun ausgerechnet am Beispiel der Muslime durchkonjugiert wird, steht das Problem doch zum Beispiel bei den PKK-Kurden oder israelisch-deutschen Doppelbürgern seit Jahren ohne Hektik auszulösen im Raum.

Die deutsche Bundesregierung muss sich der Wirkung ihres Vorschlags auf die ohnehin schon am öffentlichen Pranger stehenden Muslime in Deutschland bewusst sein. Eine amtliche Stigmatisierung auf Verdacht hin, geht deutlich zu weit und löst starke Abwehrreaktionen nicht nur bei den „radikalen Islamisten“ aus. Die geplante öffentliche Markierung, in der derzeitigen Diskussion klar auf eine religiöse Minderheit beschränkt, erinnert unwillkürlich an die grausame Praxis der Juden-Stigmatisierung in Nazideutschland zurück. Die Bundesregierung sollte den Aufwand nicht scheuen, nach griffigeren Methoden zu suchen, um das Problem der fremden Kriegsdienste fernab jeder Pauschal-Stigmatisierung dafür umfassend zu lösen.

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