Dabei wurde versucht, kulturell bedingte Tabus bewusst auszuklammern. Jüngere Generationen haben bekanntlich weniger Mühe mit neueren Praktiken als es vielleicht noch ihre Eltern hatten. Für den praktizierenden Muslim gilt jedoch nicht die traditionale Prägung der Eltern als Richtschnur für das ethisch richtige Handeln, sondern die islamische Normativität. Gibt es keine klaren Beweise gegen eine bestimmte sexuelle Handlung, so kann sie nicht als verboten erklärt werden. Liegt dagegen eine richtende Norm aus Quran oder Sunna vor, so gilt diese auch in einer Zeit, wo gerade in westlichen Gesellschaften jede Scham begraben scheint.
Was sagt der Islam zur Prostitution?
Der Islam spricht sich für den Schutz der Frau, ihrer Würde, Ehre und Rechte aus. In der Prostitution kommt es dagegen zu einer entehrenden Ausbeutung der Frau, einer Erniedrigung ihres sozialen Statuts‘ und Verletzung ihrer grundlegenden Rechte als Frau. Zudem ist im Islam jegliche aussereheliche Beziehung verboten und wird hart geahndet und bestraft, da sie dazu tendieren einer gesunden und ethischen Gesellschaftsordnung zu schaden. Die Prostitution ist im Islam strikte verboten und wird aktiv durch das Alternativprogramm der islamischen Eheperspektive bekämpft, so dass keine Prostitution mehr nötig ist.
Wie steht der Islam zur Selbstbefriedigung?
Der sexuelle Trieb des Menschen wurde ihm gegeben, um die Fortpflanzung seiner Art zu ermöglichen. Sexuelle Befriedigung soll deshalb entsprechend der islamischen Rechtsphilosophie auch innerhalb einer Ehe stattfinden. Aus diesem Grund befürwortet der Islam die Selbstbefriedigung nicht und sieht sie höchstens als vorübergehendes Mittel für den Schutz vor der Befriedigung in einer nicht erlaubten Beziehung.
Sind Pornos für Muslime erlaubt?
Im Islam ist es keinem der beiden Geschlechtern erlaubt, sich vor einem Fremden zu entblössen. Zudem gelten intime Beziehungen im Islam als unantastbares Geheimnis zwischen zwei Ehepartnern, welches nicht offenbart werden sollte. Daher verpönt der Islam auch sämtliche Gespräche über persönliche sexuelle Handlungen, es sei denn in einem Fall der Notwendigkeit, wie etwa der Behandlung einer Krankheit. Eine Pornodarstellung verbreitet also in verbotener Art und Weise Informationen über zwingend private sexuelle Handlungen.
Genauso verboten ist der Konsum von pornografischen Darstellungen. Allah der Allmächtige befiehlt den Muslimen im Quran: "Sprich zu den gläubigen Männern, dass sie ihre Blicke zu Boden senken und ihre Keuschheit wahren sollen. Das ist reiner für sie. Wahrlich, Allah ist dessen, was sie tun, recht wohl kundig. Und sprich zu den gläubigen Frauen, dass sie ihre Blicke zu Boden senken und ihre Keuschheit wahren und ihren Schmuck nicht zur Schau tragen sollen." (24:30-31)
Der Muslim ist verpflichtete beim Anblick einer Frau, seinen Blick in gebührender Weise zu senken und nicht in Gier und Lust auf sie zu starren. Gleiches Gilt für die Muslima. Wer willentlich dennoch von Lust getrieben das andere, fremde Geschlecht anstarrt, der macht sich der (zina al-‘ayn), d.h. Unzucht durch das Auge schuldig. Unabhängig vom klaren islamischen Verbot der Pornografie, in welcher Form auch immer, können auch gesundheitliche und soziale Gründe genannt werden, die gegen den Porno-Konsum sprechen. Neuste Studien belegen, dass Pornografie psychische Probleme und Komplexe bis hin zur Abhängigkeit verursachen kann. In vielen westlichen Kontexten führt Pornografie bei Jugendlichen zudem nachweislich zu falschen Vorstellungen über Sexualität. Dies wurde in jüngster Zeit mit der zunehmenden sexuellen Gewalt unter Jugendlichen in Zusammenhang gebracht.
Kennt der Islam eine Art des Zölibats?
Der Islam kennt kein Zölibat, er verbietet es sogar. Die sexuellen Triebe sind natürlich und haben ihren Platz im menschlichen Leben. Daher befürwortet der Islam die Ehe und motiviert dazu. Der Islam sucht nach dem Gleichgewicht in allen Angelegenheiten, dazu diese Überlieferung:
Anas ibn Malik (raa) berichtete:
“Eine Gruppe von drei Männern suchte die Wohnungen der Frauen des Propheten auf, um sich über die Frömmigkeit des Propheten zu erkundigen. Als sie davon Kenntnis nahmen, machten sie den Eindruck, als ob sie derartige Praxis für gering schätzten. Sie sagten dann: "Wer sind wir gegenüber dem Propheten? Ihm ist doch jede vergangene und künftige Schuld vergeben worden." Einer von ihnen sagte: "Was mich aber angeht, so verbringe ich die ganze Nacht im Gebet." Ein anderer berichtet: "Ich aber faste die ganze Zeit und breche nicht mein Fasten." Der dritte sagte: "Ich enthalte mich aber der Frauen und werde niemals heiraten." Der Gesandte Allahs kam hinzu und sagte: "Seid ihr diejenigen, die dies und jenes gesagt haben? Was mich wirklich angeht, so bin ich bei Allah unter euch derjenige, der Allah am meisten fürchtet und Ihm gegenüber am frömmsten ist. Dennoch faste ich und breche ich mein Fasten, bete und gehe ich schlafen und heirate die Frauen. Wer sich von diesem meinem Weg (Sunnah) abwendet, der gehört nicht zu mir.” (Sahih Al-Bukhari, Hadith Nr.4776)
Ist Oralsex im Islam verboten?
Ausser der Einschränkung des Eindringens in den Anus der Frau und dem Geschlechtsverkehr während der Menstruation gibt es keine bekannten Quelltexte, welche solch eine Annahme untermauern würden. Vielmehr sind sexuelle Praktiken eben je nach Kontext und Region unterschiedlich, was nicht bedeuten muss, dass sie aus islamischer Perspektive untersagt sind.
Im Westen ist Oralsex weit verbreitet und gehört zur normalen sexuellen Praxis zwischen Mann und Frau. Zudem sollten sexuelle Bedürfnisse innerhalb der Ehe befriedigt werden, soweit jene nicht durch klare Normen verboten wurden, damit keine verborgenen Wünsche nach solchen Praktiken übrig bleiben. Aussereheliche Affären werden oft gerade durch eine allzu tabuhafte Ehebeziehung begünstigt.
Dazu noch der Hinweis, dass sowohl das männliche Sperma wie auch das weibliche Scheidensekret in der islamischen Rechtsprechung als rein kategorisiert werden. Einige Gelehrte haben jedoch darauf hingewiesen, dass beim Oralverkehr die Möglichkeit der Beimischung von kleinsten Urinmengen bestünde. Urin gilt anders als Sperma oder Scheidensekret als (najis), d.h. unrein.
Ist Analverkehr im Islam erlaubt?
Analverkehr ist laut dem breiten Konsens der Gelehrten eine verbotene (haraam) sexuelle Handlung und zwar sowohl zwischen Mann und Frau wie auch zwischen zwei Männern. Manche Gelehrte nennen Analverkehr zwischen Mann und Frau die „kleine Homosexualität.“
Im Quran findet man dazu zwar keine eindeutige Stelle. Vielmehr heisst es: „Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. So kommt zu eurem Saatfeld, wann und wie ihr wollt.“ (2:223) Einige Gelehrte argumentieren, dass ein Saatfeld ein fruchtbarer Boden sei, so auch die Vagina nicht aber der After. Dieser Analogieschluss ist jedoch eher schwach und wäre an sich ungenügend um ein Verbot zu begründen.
Die Sunna des Propheten (sas) ist da schon viel deutlicher. Es gibt etliche Überlieferungen, welche klar machen, dass Analverkehr nicht erlaubt ist. Hierzu kommentierte der Gesandte (sas): „Komm von vorne oder hinten aber hüte dich vor dem After und dem Geschlechtsverkehr während der Menstruation.“ (Sahih Ibn Hibban)
Analverkehr ist übrigens die einzige sexuelle Handlung zwischen Mann und Frau, die derart deutlich und direkt verboten wurde. Zu allen anderen sexuellen Handlungen gibt es differente Auffassungen.
Ist Verhütung im Islam verboten?
Es gibt im Islam kein Verbot der Verhütung, sofern dadurch die a.) die Gesundheit nicht geschädigt, b.) kein bereits befruchtetes Ei zerstört wird und c.) eine Schwangerschaft nicht für immer verunmöglicht wird. Eine Sterilisation ist dementsprechend klar untersagt. Sehr problematisch ist die Einsetzung einer sogenannten Spirale. Die Wirkung der Spirale gilt in der Fachwelt weiterhin nicht als restlos geklärt. Ihre nidationshemmende Wirkung (Verhinderung der Einnistung eines bereits befruchteten Eis) jedoch spricht klar gegen ihre Zulässigkeit, da damit eine bereits eingetretene Schwangerschaft willentlich abgebrochen wird.
Zur Zeit des Propheten Muhammad (sas) wurde der sogenannte "coitus interruptus" praktiziert, und der Prophet hat dies gebilligt. Ausserdem wird im Quran empfohlen, dass die Mutter ihr Kind zwei volle Jahre stillen soll (2:233); dies ist auch ein gewisser Schutz vor Schwangerschaft, was natürlich eine Schwangerschaft innerhalb der Stillzeit nicht ausschliesst.
Heutzutage gibt es allerdings modernere Methoden der Schwangerschaftsverhütung. Für welche zulässige Art der Schwangerschaftsverhütung sich ein muslimisches Ehepaar entscheidet oder ob es überhaupt Verhütungsmittel verwenden will, können die Ehepartner unter Berücksichtigung der familiären und gesundheitlichen Situation entscheiden. Die Tatsache, dass muslimische Ehepaare oft mehrere Kinder haben, ist nicht auf eine mangelnde Verhütungspraxis zurückzuführen, sondern auf die durch die islamische Lehre begründete positive Einstellung zu Kindern.
Ist Geschlechtsverkehr während der Schwangerschaft erlaubt?
Selbstverständlich ist Sex während der Schwangerschaft möglich. Dazu gibt es keine Einschränkungen, solange die Fruchtblase noch nicht geplatzt ist und keine Schwangerschaftskomplikationen wie Plazenta Praevia oder Blutungen bestehen und es noch nie Probleme mit einer Zervixinsuffizienz gab.
Bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft gibt es auch keinen Zusammenhang zwischen Sex und einer Früh- oder Fehlgeburt. Tatsächlich hat eine Studie sogar nachgewiesen, dass Frauen, die während der Schwangerschaft regelmässig Geschlechtsverkehr hatten, weniger zu Frühgeburten neigen als solche, die sich geschlechtlichem Verkehr enthielten.
Ist Geschlechtsverkehr während der Menstruation zulässig?
Der Islam verbietet den Geschlechtsverkehr während der Menstruation eindeutig. Der Quran sagt: „Sie fragen dich nach der Monatsblutung. Sag: Sie ist ein Leiden. So haltet euch von den Frauen während der Monatsblutung fern, und kommt ihnen nicht nahe (Enthaltet euch des Geschlechtsverkehr während der Monatsblutung), bis sie rein sind.“ (2:222)
Der Gesandte (sas) kommentierte diesen Vers: „Macht alles ausser dem Geschlechtsverkehr.“ (Sahih Muslim, Nr.302).
Damit gilt, dass einzig der Koitus verboten ist, was den Ehepartnern freien Spielraum für den Austausch von Zärtlichkeit oder sonstigen sexuelle Handlungen wie Petting lässt. Der direkte Kontakt mit Menstruationsblut muss jedoch vermieden werden.
Ab welchem Alter ist Sex im Islam möglich?
Theoretisch ist Geschlechtsverkehr ab der biologischen Geschlechtsreife, sprich nach Beginn der Pubertät möglich. Für die Konditionen einer Heirat wird jedoch auch die psychische Maturität (rushd) vorausgesetzt. Je nach Fall, kann dies zu einem Hinderungsgrund werden. Die ersten sexuellen Beziehungen sind Erfahrungen, die gerade im Westen von vielen Jugendlichen in sehr frühem Alter gemacht werden. Der Islam verbietet jedoch jede intime Beziehung zwischen den Geschlechtern ohne Vollzug einer gültigen Nikah. Dies führt bei vielen Jugendlichen zu erheblichen Spannungen zwischen Lust und Gewissen. In der Schweiz sind sexuelle Beziehungen ab dem 16. Altersjahr legal zulässig. Dagegen kann erst amtlich heiraten, wer das 18. Altersjahr erreicht hat. Von Gesetzes wegen entsteht also ein zweijähriger Problembereich, der für Muslime in der Schweiz im Zweifelsfall nicht ideal gestaltbar ist.